Düsseldorf. In der Donnerstagsausgabe der Rheinischen Post vom 24. Oktober 2019 veröffentlichte in der Rubrik „Auf ein Wort“ zum fünften Mal ein neuapostolischer Seelsorger aus dem Düsseldorfer Kirchenbezirk eine Kolumne.
Nachfolgend wird der Originaltext der Kolumne veröffentlicht, wie dieser an die Rheinische Post übermittelt worden ist. Die Kolumne hat Diakon Harald Schmidt, Beauftragter für Ökumene der Neuapostolische Kirche Düsseldorf geschrieben:
Ich bin kein Roboter
Zu den Spuren, die wir im Internet hinterlassen, gehört zuweilen auch die Bestätigung, dass wir kein Roboter sind. Diese erhalten wir, wenn wir im Rahmen einer Abfrage, mit der die Webseite ausschließen will, dass eine Maschine den PC bedient, Kacheln mit unscharfen Fotos von Fahrzeugen, Ampeln, Ladenfassaden etc. erkennen und korrekt markieren.
Bei mir ist es abhängig von der Tagesform: Meistens kann ich innerlich schmunzeln, wenn ich attestiert bekomme, kein Roboter zu sein. Manchmal brumme ich auch in mich hinein: „Wie willst Du das überhaupt beurteilen?!“
Unser Alltag verlangt uns mitunter Unmenschliches ab: Mehr, schneller, besser. In manch einem erzeugt es das zweifelhaft doppelnatürliche Gefühl, wahrer Mensch und wahre Maschine zu sein. Wir funktionieren einfach. Das Programm wird morgens angestoßen, das Skript läuft automatisch ab, zwischendurch wird Notwendiges aufgenommen und Notdürftiges verrichtet, spätabends das Licht aus- und das Programm bis zum nächsten Morgen abgeschaltet. Häufig nehmen wir noch den quälenden Gedanken mit in die Nacht, es nicht allen recht gemacht, nicht perfekt genug funktioniert zu haben. In diesem Fall wird das dann auch nichts mit dem Abschalten, das Programm läuft im Hintergrund weiter.
Kennen Sie das? Keine Angst. Jetzt kommt nicht der erhobene Zeigefinger eines Außenstehenden, der mit einem „Sie müssen auch mal an sich selbst denken“ alles nur noch schlimmer macht. Mir ist klar, dass das, was uns dazu antreibt zu funktionieren, auch das ist, was uns dabei im Wege steht, das Maschinenhafte abzulegen. Unser Programm läuft ja deswegen so leistungsstark, weil uns die Dinge, die uns beschäftigen, wichtig sind. Entweder bereiten sie uns Freude oder wir fühlen uns ihnen verpflichtet. Und welcher Mensch schafft es schon, sich gegen seine eigenen Werte zu stemmen?
Was es braucht, ist eine Musterunterbrechung. Der Maschine muss der Stecker gezogen werden. Gott hat diese Musterunterbrechung vorgesehen, und zwar in dem Gebot: Du sollst den Feiertag heiligen. Gott hat den Sonntag nicht für die Kirche geschaffen, sondern für den Menschen.
Nehmen Sie Kontakt mit Ihrem Seelsorger bzw. Seelsorgerin auf – und wenn Sie niemanden haben: Suchen Sie sich einen Seelsorger Ihres Vertrauens. Und diesem geben Sie die Erlaubnis, Sie regelmäßig daran zu erinnern, sonntags den Stecker zu ziehen. Er wird auch damit umgehen können, wenn Sie sonntags in Schichtdiensten eingebunden oder sonstigen Einschränkungen unterworfen sind. Reden Sie mit ihm.
Entscheidend ist, dass Sie sich regelmäßig persönlich erinnern lassen. Sie selbst werden nicht immer daran denken. Sie sind ja kein Roboter.
Diakon Harald Schmidt, Beauftragter für Ökumene, Neuapostolische Kirche Düsseldorf
26. Oktober 2019
Text:
Harald Schmidt, Jörg Rüssing
Fotos:
Harald Schmidt