Bereits zum zehnten Mal veröffentlichte die Rheinische Post in der Rubrik „Auf ein Wort“ eine Kolumne eines neuapostolischen Seelsorgers aus dem Düsseldorfer Kirchenbezirk. In der auflagenstarken Samstagsausgabe widmete sich Priester Harald Schmidt dem Zuhören.
Der erste Beitrag eines Geistlichen aus dem Kirchenbezirk erschien 2016 in der Rheinischen Post. Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) bot ihren Mitgliedskirchen an, in regelmäßigen Abständen eine Kolumne zu verfassen. Zielsetzung war und ist, auf die Vielfalt christlicher Kirchen in Düsseldorf aufmerksam zu machen.
Nachfolgend wird der Originaltext der Kolumne veröffentlicht, wie dieser an die Rheinische Post übermittelt worden ist. Die Kolumne hat Priester Harald Schmidt, Beauftragter für Ökumene der Neuapostolische Kirche Düsseldorf geschrieben:
Über die Kunst des Zuhörens
Kennen Sie das? Ein Bekannter spricht Sie an und Sie freuen sich, dass er sich mit seiner Frage nach Ihrem Befinden für Sie interessiert. Sie beginnen bereitwillig und gern Auskunft zu erteilen. Dann: Eine kurze Atempause und Ihr Gegenüber hakt sich in Ihr Reden ein und hält fortan einen Monolog – ohne Punkt und Komma.
Ihnen ist klar, dass der Gesprächspartner Ihnen nur deshalb eine Eingangsfrage gestellt hat, um bei der erstbesten Gelegenheit selbst zu reden. Er wollte gar nicht empfangen, er wollte von vornherein nur senden. Er interessiert sich nicht so sehr für Sie, er ist viel mehr bei sich. Weder ist der Gesprächspartner ein Partner, noch handelt es sich um ein Gespräch, denn ein solches kommt unter diesen Bedingungen nicht zustande.
Zuhören ist nichts Passives, Zuhören ist ein aktiver Dienst. Zuhören bedeutet, an meinem Nächsten interessiert zu sein – und ist damit Ausdruck einer zutiefst christlichen Haltung. Ein zeitgenössischer Philosoph hat für gutes Zuhören einen eigenen Begriff entwickelt: Eingelassenheit.
Dieses Kunstwort enthält z.B. den Aspekt der Gelassenheit: Wenn ich in mir Ruhe, kann ich der zum Zuhören erforderlichen Stille in mir Raum geben. Es schließt auch ein, meinen Gegenüber bei mir hereinzulassen, trägt also den Aspekt der Gastfreundschaft in sich. Zudem umfasst es das Lassen von sich selbst, also die Fähigkeit, von sich selbst absehen zu können und sich auf den anderen und seine Welt zu richten.
„Eingelassene“ Menschen führen gute Gespräche. Genauer gesagt kommunizieren sie in einer Weise, die überhaupt erst den Begriff Gespräch verdient. Gespräche sind Senden und Empfangen, sind Geben und Nehmen. Sie machen Zusammenkünfte zu Gemeinschaft und ermöglichen so Tröstung, Stärkung und Weiterentwicklung.
Zuhören ist in der Seelsorge essentiell, manchmal muss man sogar der Stille zuhören können. Die Bibel berichtet von drei Männern, die ihrem Freund Hiob einen Besuch abstatten. Angesichts des desolaten Zustands ihres Freundes sitzen sie zunächst sieben Tage und Nächte sprachlos da. Niemand redet (Hiob 2,13). Das anfängliche Schweigen erweist sich im Nachhinein noch als die beste Phase ihres Seelsorgebesuchs. Was sich nämlich danach entwickelt, ist ein mehraktiges aneinander Vorbeireden. Und das liegt besonders am – obgleich gut gemeinten – Sendungs-Bewusstsein der drei Besucher.
Trainieren Sie Ihre Eingelassenheit. Wenn Sie das nächste Mal das Gefühl haben, auf einen „Gesprächskaperer“ oder „Dampfplauderer“ getroffen zu sein, nehmen Sie es sportlich. Betrachten Sie es als ihre persönliche christliche Herausforderung. Er braucht Sie.
Priester Harald Schmidt, Beauftragter für Ökumene, Neuapostolische Kirche Düsseldorf
6. Oktober 2023
Text:
Harald Schmidt, Jörg Rüssing
Fotos:
Harald Schmidt
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